DVCPRO HD anaglyph
17 min.
Björn Speidel
2006

miler

Ich halte die Möglichkeiten der Stereokinematografie (3D-Film) für so kraftvoll wie die des Ton- bzw. Farbfilms. Dennoch hat sich der stereografische Film nicht als Standard etabliert. Ich glaube nicht, dass technische Gründe eine Antwort liefern. Ich sehe den Grund für den seltenen Einsatz der Stereografie in einem intellektuellen Problem: Annähernd alle stereografischen Bilder (z.B. eine Straßenszene, eine Achterbahnfahrt) beinhalten Motive, die sich auch einäugig, monoskopisch, erschließen. Bei einem klassischen Bildmotiv gelten die Perspektivregeln, die der Urheber nutzt oder bricht. Dadurch trägt ein Bild alle Raum-Informationen in sich, es ist bereits ein Raumbild. Es besteht also keine Notwendigkeit der Stereografie, solange diese lediglich die Wahrhaftigkeit des Raumbildes steigert.
Das bedeutet aber eben auch, dass - äquivalent zu Ton und Farbe - das Potential der Stereografie für eine eigenständige, künstlerische Ebene des Bildes zur Verfügung steht - also für eine Verwendung jenseits visueller Effekte. miler erforscht dieses Potential, indem monoskopische Bilder stereografisch in Beziehung zueinander gesetzt werden.
Ausgangsmaterial dieses Films sind (einäugige) Motive von Bäumen bzw. Wald, ein Sujet, das sich an der Grenze der räumlichen Differenzierung befindet. Unterschiedliche Kasche begrenzen die einzelnen Einstellungen zu Panels, welche in einem stereografischen Bildraum arrangiert sind.
Die zeitliche Montage der Elemente steht in der Tradition des Strukturellen Films. Grundlage ist ein globales Muster, das fünf mal unter veränderten Bedingungen durchlaufen wird. Der hieraus entstehende Rhythmus entspricht keinem Zeittakt, wie die Musik, sondern ist durch die Abfolge und Dauer der Einstellungen bedingt.
Diese Fünferfolge läuft auf drei stereoskopischen Raumebenen und (vereinfacht) auf zwei Tonkanälen in fünf unterschiedlichen Sortierungen parallel ab. Dadurch beginnen und enden die fünf Spuren gemeinsam, unterscheiden sich aber während des Films.
Hieraus ergibt sich ein Bild aus Synergien und Gegenläufen in einem stereografischen Metapanel.

Premiere: 24.08.07, Exis,
Experimental Film and Video Festival in Seoul

Raumzeit Autorenkino: 30.11.07, Kino Arsenal, Berlin




Zum Betrachten der Bilder ist eine rot/cyan Anaglyphen-Brille notwendig.
Duch Anklicken kann die Originalgröße (1920x1800) heruntergeladen werden.